Das Eisen-Kohlenstoffdiagramm einfach erklärt

Verarbeitetes Eisen, wie Stahl und Gusseisen, enthält stets einen Anteil an Kohlenstoff. Diese Menge an Kohlenstoff ist ausschlaggebend für die Qualität und die Eigenschaften des Stahls. Das Eisen-Kohlenstoff-Diagramms (EKD) stellt ein Gleichgewichtsschaubild der beiden Elemente dar. Mit dessen Hilfe kann der Zusammenhang des Kohlenstoffgehalts und der Temperatur hergeleitet werden. Auf dieser Grundlage lässt sich die Phasenzusammensetzung bestimmen.

Kohlenstoff stellt das wichtigste Legierungselement für Eisen dar. Aus diesem Grund können selbst die kleinsten Veränderungen am Kohlenstoffgehalt massive Veränderungen an den Charakteristika des Werkstoffs haben. Die Bedeutung des Eisen-Kohlenstoff-Diagramms nimmt jedoch schnell ab, wenn der Werkstoff rapide abgekühlt oder erwärmt wird. Auch ist das Diagramm nicht mehr so aussagekräftig, wenn der Anteil an weiteren Legierungselementen zunimmt.

Kohlenstoff tritt in Eisen-Kohlenstofflegierungen in zwei verschiedenen Formen auf: einmal in gebundener Form und einmal als elementarer Kohlenstoff in Form von Grafit. Darum gibt es die Darstellung des Eisen-Kohlenstoff-Diagramms als metastabiles System (Fe-Fe3C) für den gebundenen Kohlenstoff und als stabiles System (Fe-C) für den elementaren Kohlenstoff. Die Darstellung der beiden Systeme kann in einem Diagramm erfolgen, obwohl in der Praxis zumeist das metastabile Fe-Fe3C System verwendet wird.

Wie werden Phasen im Eisen-Kohlenstoff-Diagramm dargestellt?

Eisen Kohlenstoff Diagramm Deutsch
AG Caesar, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Die x-Achse des Diagramms stellt die Massenprozente des Kohlenstoffs dar. Auf der y-Achse wird die Temperatur eingezeichnet. Um das Diagramm übersichtlicher zu machen, wird nur der technisch interessante Kohlenstoffgehalt von 0 bis 6,67 % dargestellt, wobei das Letztere einem Zementitgehalt von 100 % entspricht.

Die Phasenfelder werden durch Linien abgegrenzt, die zu den anderen Temperaturen verschobenen Halte- bzw. Knickpunkte darstellen. Zum besseren Verständnis werden die relevanten Punkte mit Buchstaben gekennzeichnet. Zu beachten ist, dass einige Diagramme den Punkt I als J darstellen. Eine der wichtigsten Linien ist die Liquiduslinie, dargestellt vom Linienzug ABCD.

Oberhalb dieser Linie liegt die Legierung in flüssiger Form vor. Der Linienzug AHIECF wird Soliduslinie genannt. Unterhalb dieser Linie ist die Legierung komplett starr. Wenn sich die Temperatur dazwischen befindet, hat die Legierung eine breiige Konsistenz. Dabei besteht die Legierung aus Restschmelze, δ-Eisen, γ-Eisen und Zementit (Fe3C). Die Mengenverhältnisse sind dabei fließend und verändern sich in Abhängigkeit der Temperatur. Sobald die Liquiduslinie bei der Abkühlung der Legierung unterschritten wird, startet die Primärkristallisation aus der Schmelze.

Eisen verfügt über verschiedene allotrope Modifikationen. So entstehen je nach Kohlenstoffgehalt verschiedene Phasen. Die vom Eisen gebildeten Einlagerungsmischkristalle, δ-, γ- und α-Mischkristalle weisen verschiedene Löslichkeiten für Kohlenstoff auf. Bedingt werden die Unterschiede durch die verschiedenen Raumgitter und Gitterkonstanten.

Wie lautet die metallografische Bezeichnung?

Die Mischkristalle werden in der Metallografie als δ-Ferrit, Austenit für γ-Mischkristalle und Ferrit für α-Mischkristalle bezeichnet. Hier ist eine Übersicht über den Kohlenstoffgehalt der einzelnen Phasen:

Bezeichnung

Max C-Gehalt

Metallografische Bezeichnung

δ-Mischkristall

0,10 % bei 1493° C

δ-Ferrit

γ-Mischkristall

2,06 % bei 1147° C

α-Mischkristall

0,02 % bei 723° C

Ferrit

Zementit (Fe3C) ist eine Eisen-Kohlenstoffverbindung, die ebenfalls eine Phase ist. Jedoch handelt es sich bei Zementit um eine intermediäre Phase, die deshalb und nicht mit Eisenmischkristallen verwechselt werden sollte. Die chemische Zusammensetzung von Zementit ist immer die gleiche, obwohl es in drei verschiedenen Formen vorkommt:

  • Primärzementit: primäre Kristallisation aus der Schmelze (entspricht der Linie CD)
  • Sekundärzementit: Ausscheidung aus dem Austenit (entspricht der Linie ES)
  • Tertiärzementit: Ausscheidung aus dem Ferrit (entspricht der Linie PQ)

Der Sekundärzementit ist bei einem Kohlenstoffgehalt zwischen 2,06 bis 4,3 % C zwar vorhanden, wird aber im Diagramm nicht dargestellt. Das liegt daran, dass er metallografisch nicht nachgewiesen werden kann.

Neben den Phasen treten des Weiteren auch Phasengemische auf:

Bezeichnung

Besteht aus

Existenzbereich

Perlit

88 % Ferrit / 12 % Zementit

0,02 % – 6,67 % bei T ≤ 723° C

Ledeburit I

51,4 % Austenit / 48,6 % Zementit

2,06 % – 6,67 % bei 723° C ≤ 1147° C

Ledeburit II

51,4 % Perlit / 48,6 % Zementit

2,06 % – 6,67 % bei T ≤ 723° C

Welche isothermen Reaktionen zeigt das EKD?

Im Eisen-Kohlenstoff-Diagramm werden drei isotherme Reaktionen abgebildet. Die Linie HIB stellt eine peritektische, die Linie ECF eine eutektische und die Linke PSK eine eutektoide Reaktion dar.

Wird Stahl erwärmt oder abgekühlt, entstehen an einigen Linien Umwandlungen. Diese werden durch Haltepunkte gekennzeichnet. Hier sind die wichtigsten:

  • Bei der Linie P-S-K zerfällt Austenit zu Perlit, wenn der Kohlenstoffanteil weniger als 0,02 % beträgt (A1).
  • Ferrit verliert den Ferromagnetismus bei der Linie M-O, wenn eine Erwärmung über 769° C erfolgt (A>2).
  • Wird die Linie G-O-S bei einer Abkühlung unterschritten, bilden sich kohlenstoffarmer Ferrit. Dabei reichert sich Austenit mit dem freiwerdenden Kohlenstoff an, bis die Temperatur auf 723° C steigt und er eine eutektoide Konzentration erreicht (A3).

Wie wird das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm angewandt?

Das EDK hilft dabei, das Verhalten von Eisen und Stahl besser zu verstehen. Stahl, zum Beispiel, ist im Austenitbereich gut formbar und lässt sich deshalb schmieden. Gusseisen hingegen hat einen höheren Anteil an Kohlenstoff, welcher in Form von Grafit und Ledeburit vorliegt. Dadurch ist die Verformbarkeit deutlich eingeschränkt.

Deswegen wird das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm zu einem wichtigen Mittel zur Beurteilung von Stahl und Gusseisenwerkstoffen.